Schon der Titel „Studie zum metamorphen Strukturpotential eines binären Zeichensystems“ des Entwurfes für den Kunstpreis „Schlossgalerie“ verweist über den augenscheinlichen Wert des Dekorativen hinaus. Auch ist die ornamentale Anmutung in diesem Fall sicher nicht aus einem Bildverbot, wie beispielsweise in der hohen islamischen Kunst, motiviert. Vielmehr verstehe ich die Arbeit ganz im Sinne des Titels als eine streng systematische Studie, die das semantische Potential eines binären Modellraumes befragt. Ein Modellraum der trotz radikal reduzierten malerischen Mitteln – Farbe und Form – eine enorme Gestaltungsvielfalt aufweist, die von zufälligen, unperiodischen Aggregationen über unterschiedliche symmetrische Reihen, Gruppen und Felder bis hin zu mehrschichtigen strukturellen Verdichtungen führt.
Einerseits kann man diesen Bildraum in seine geometrischen Bestandteile auflösen und gedankengeschichtlich auf eine atomistische Begründung im platonischen Dialog Timaois zurückführen. Andererseits ist es aber gerade das sich wechselseitige bedingende Verhältnis dieser Grundeinheiten zueinander – also die strukturelle Gestalt und das topologische Wesen eines geschlossenen Modellraumes – welche hier als Bildganzes zusammenwirken.
Die Perspektive des aristotelischen Hylemorphismus differenziert den Formbegriff hier um die entscheidende Dimension des Dynamischen (als modalen Status der Möglichkeit). Sie hat die sich wandelnde und vielseitig erscheinende Naturgestalt im Auge. Diese evolutiven Gestaltzustände – welche formal als eine sich „In – Formation“ befindene strukturelle Ganzheit bezeichnet werden kann – kommen hier prinzipiell zur Anschauung. Die in diesem Fall linear entfaltete Wechselwirkungsgeschichte eines bipolar verfassten semantischen Modellraumes offenbart somit vor allem einmal mehr Eines – „das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“.
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