Die Portraitreihe „Zur Archäologie der Sinne“ besteht aus Fotografien von 16 Personen (8 Männer und 8 Frauen) zwischen 20 und 35 Jahren. Sie setzt sich mit den Methoden und Ergebnissen aktueller Studien in der Attraktivitätsforschung auseinander. Im Mittelpunkt des Diskurses und dieser Arbeit steht die Durchschnittshypothese, die besagt, dass das Durchschnittsportrait – gebildet aus einer bestimmten Anzahl von Individuen – gegenüber dem einzelnen Individuum tendenziell als attraktiver bewertet wird.
Zur Archäologie der Sinne 2016
16-teilige Portraitreihe
Fotografie, UV härtender Plattendirektdruck, Akrylglas, Akrylfarbe
Leuchtkästen jew. 50 x 38 x 10 cm
Um diese spezifische Bildgenese selbst nachvollziehen zu können und mit ihr zu arbeiten, wurde aus den Portraitierten mittels eines Morphingprogrammes jeweils ein männlicher und ein weiblicher Durchschnittstypus berechnet. Dieser bildet jeweils die hinterste Schicht der 4 Bildebenen eines jeden Portraits. Zudem wurden einige subjektive Parameter – wie individuelle Größen und Farbpräferenzen – beim Fotoshooting erfasst. Diese gestalten die vordergründige Erscheinung jedes Bildes mit. Auch auf die Farbebene wurde dieses Konzept übertragen – alle verwendeten Farbtöne stammen aus einem 18teiligen komplementären Farbkreis.
Damit eröffnet sich kompositorisch in jedem Bild auf mehreren Ebenen das ambivalente Spannungsfeld zwischen realer Gestalt und idealisierter Gestaltung. Kräftige Farben, Leuchtreklame und überschöne Gesichter – gewöhnlich konsumstrategisch angewandte Mittel einer omnipräsenten Popkultur – verführen hier zu einer Innenschau, in der es um die Tendenzen der kognitiven Idealisierung in uns Selbst geht.
Die strukturelle Architektur der Sinne wird einsichtig – es offenbaren sich tieferliegende, konservative und größtenteils unbewusste Anlagen unseres Wahrnehmungsapparates. Neben der Funktion der Prototypenbildung, die nahe an die Begriffsbildung heranreicht, verweist die Durchschnittshypothese auf den Prozess einer demokratischen Bildschöpfung. Prinzipiell kommt dabei jedem Individuum eine gleichberechtigte Bedeutung an der Gesamtgestaltung zu. Dieses partizipative Verhältnis jedes Einzelnen am Kollektiv verbindet die Gruppe ideal-ästhetisch in gleichem Maße, wie es sie differenziert und untereinander abgrenzt.
© PRHS 2017
die Textversion ist hier als pdf hinterlegt.